1. Oktober 2011

Nun ist aber hübsch


  • Sie stellen hier einen Antrag auf Versorgung und Ausgleichzahlung und begründen das damit, dass Sie nach Ihrem 20monatigen Auslandseinsatz verwundet wurden, behaupten Sie leiden an einem posttraumatischen Belastungssyndrom. Nun, wir sind doch aber unserer Fürsorgepflicht nachgekommen. Ihre Gesundheit ist wieder hergestellt und Ihr Einsatz liegt nun schon acht Wochen zurück.
  • Sicher schon, aber...
  • Haben Sie sich mal überlegt, dass auch noch andere Faktoren eine Rolle spielen könnten. Vielleicht haben Sie in ihrer Kindheit etwas erlebt, das bei Ihrem jetzigen Einsatz wieder aktiviert wurde. Man spricht da auch von einer Retraumatisierung. Wissen Sie, wir hier von der Behörde sind ja während unserer Ausbildung auch in psychologischen Fragen geschult worden. Sie sehen so blass aus. Kann ich Ihnen ein Glas Wasser anbieten?
  • Äh, ja danke. Wissen Sie, ich wollte auch nur, ich meine die Monate im Schützengraben, das stundenlange Bombardement …
  • Nun werden Sie mal nicht frech junger Mann. Es sind schließlich nicht alle auf Rosen gebettet, alle haben mal eine schlechte Phase im Leben und wir geben uns hier alle Mühe mit Ihnen.
  • Vielleicht haben Sie Recht. Da fällt mir übrigens doch was ein. Mein älterer Bruder hat mir mal – da war ich vier Jahre alt – eine geknallt, weil ich ihm seine Playmobilburg kaputt gemacht habe und mich anschließend in die Abstellkammer eingesperrt bis meine Mutter nach Hause kam und mich rausholte.
  • Na sehen Sie, das sind Traumatisierungen, die in krisenhaften Situationen durchaus wieder lebendig werden. Und glauben Sie mir, auch mit einem Arm kommt man gut durch das Leben. Natürlich können wir Ihrem Antrag nicht entsprechen. Sie verstehen das sicherlich?
  • Äh, natürlich...
  • Wir benötigen allerdings für unseren Ablehnungsbescheid noch ein Attest über Ihre Retraumatisierung. Ich kann Ihnen gerne einen niedergelassenen Psychiater empfehlen. Sie schwitzen ja so. Ist Ihnen nicht gut? Soll ich Sie noch den Flur runter zum Ausgang begleiten? Ich weiß ja um Ihre Klaustrophobie seit Sie monatelang im Schützengra..., äh, ich meine weil Sie Ihr Bruder in die Kammer eingeschlossen hat.



   

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